Wie Post-Market Surveillance (PMS) Sicherheit und Leistung gewährleistet
Von Dirk Müller
Team Lead und PMS-Experte bei BAYOOMED
Seit in Krafttreten der Medizinprodukte-Verordnung (MDR) ist die Überwachung von Medizinprodukten nach dem Inverkehrbringen (Post-Market Surveillance, PMS) stärker in den Fokus gerückt. Die Benannten Stellen sind heute gründlicher denn je und nehmen den PMS-Prozess – von der Planung bis zum Abschlussbericht – im Rahmen ihrer Schreibtischbewertungen oder Audits unter die Lupe.
Für die Entwicklung von Medizinprodukten ergibt sich dadurch eine besondere Herausforderung. Denn diese kommt in verschiedenen Formen vor: eingebettet in das Gerät, als ergänzendes Zubehör oder als eigenständige Software as Medical Device (SaMD). Nicht nur wegen möglicher Anbindungen an Hardware muss in der PMS deshalb ein breites Spektrum von Datenquellen berücksichtigen werden. Dazu gehören Software unbekannter Herkunft (SOUP) und Standard-Software (Off-The-Shelf, OTS), mit ihren potenziellen Anomalien.
Für PMS-Teams ergibt sich ein hoher Aufwand bei der Verwaltung und Analyse der großen Datenmenge und -vielfalt, die ein Medizinprodukt generiert. Denn alle Daten- und Informationsquellen, die Hinweise (Signale) zur Sicherheit und Leistung des Medizinprodukts liefern könnten, müssen identifiziert und überwacht werden. Diese schließen Reklamationen, Vorkommnisse, unerwünschte Nebenwirkungen, Fachliteratur zu Konkurrenzprodukten und deren Rückrufe sowie Feedback vom Markt ein.
Mit PMS Risiken bewerten und ungenutztes Potenzial erkennen
Das PMS-Team generiert anhand eines PMS Plans aufbereitete Informationen als Grundlage für Abschlussberichte, die in der Technische Dokumentation Eingang finden. Dazu parallel laufende Prozesse des Risikomanagements und der klinischen Bewertung verwenden PMS-Reports oder Periodic Safety Update Reports (PSUR) in ihrer Nutzen-Risiko-Analyse. Dadurch wird die Sicherheit des Produkts während des gesamten Lebenszyklus sowie seine klinische Leistung gewährleistet.
PMS bietet zudem wertvolle Einblicke für das Produkt:
Durch eine sorgfältige Analyse und Kategorisierung können die Bewertungen dazu genutzt werden, Trends sowie häufige und wiederkehrende Probleme zu erkennen, die andernfalls unbemerkt bleiben könnten.
Von einem App-Managementtool generierte Fehlerprotokolle bieten zudem Einblicke in technische Probleme, auf die Nutzende stoßen. Sie sollten regelmäßig überprüft werden, um Muster zu erkennen und um den Schweregrad sowie die Ursachen von Problemen zu bestimmen. Schlägt das Entwicklungsteam schließlich Korrekturen vor, muss eine Folgenanalyse im Rahmen des Änderungsprozesses sicherstellen, dass keine neuen Probleme durch Abhängigkeiten entstehen.
PMS von Medizinprodukten beinhaltet auch die Durchführung von Umfragen, die es ermöglichen, ein strukturiertes Feedback von Benutzer:innen einzuholen. Durch die Auswahl und Verarbeitung dieser Datenquellen kann PMS ein umfassendes Verständnis der User-Erfahrungen liefern – eine fundierte, datengestützte Entscheidungsgrundlage für Hersteller, um ihr Produkt optimieren zu können.
Vorteile eines gut durchdachten PMS-Systems
Die wichtigste Motivation, um ein gut durchdachtes PMS-System für Medizinprodukte zu etablieren, ist naturgemäß die Einhaltung der MDR-Regulatorien. Doch es zeigen sich noch weitere Vorteile. Ein nach dem Stand der Technik und klug aufgesetztes Analyse-Verfahren optimiert zum einen den Einsatz menschlicher Ressourcen, und verbessert zum anderen die Qualität der Datenanalyse.
Zur Automatisierung und Rationalisierung von Aufgaben zur Datenerfassung und -verarbeitung bieten Softwaretools Unterstützung. Dadurch wird die Arbeitsbelastung verringert und Fehler bei wiederkehrenden Aufgaben können dadurch vermieden werden. Zudem wird Zeit frei, die Mitarbeitende für die kritische Überprüfung der vorliegenden Informationen und das Vorbereiten einer aussagekräftigen Schlussfolgerungen für die Berichterstattung nutzen können.
Cybersecurity im PMS-Prozess
Cybersicherheit ist für die Gewährleistung der Produktverfügbarkeit, Datenintegrität und des Schutzes personenbezogener Daten in der Medizin von größter Bedeutung. Auch hier können Softwaretools zur Bewertung von publik gemachten Software-Schwachstellen im PMS-Datenbewertungsprozess integriert werden.