Autor: Sebastian Wittor
Project Manager Medical Engineering bei BAYOOMED
Co-Autoren: Yussuf Kassem, Christian Riha
Software Engineers bei BAYOOMED
In den letzten Jahren haben wir eine bemerkenswerte Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz erlebt, insbesondere bei KI Language Models. Diese fortschrittlichen Systeme, allen voran die Large Language Models (LLMs) haben die Art und Weise verändert, wie wir mit Technologie interagieren. Diese fortschrittlichen Systeme eröffnen völlig neue Möglichkeiten in Forschung, Bildung, Kreativität und Problemlösung.
Warum sind LLMs so relevant? Angesichts des stetig wachsenden und immer wichtiger werdenden Bedarfs an natürlichen sowie nahtlosen Mensch-Maschine-Interaktionen haben sich Large Language Models zu einem unverzichtbaren Bestandteil moderner Technologien entwickelt. Sie erlauben es, komplexe Aufgaben zu bewältigen, innovative Lösungen zu finden und neue Wege der Interaktion zu schaffen. In diesem Blogbeitrag tauchen wir tief in die Welt der LLMs ein. Wir erklären ihre Funktionsweise, geben einen Überblick über die verschiedenen Typen und zeigen ihre vielseitigen Einsatzmöglichkeiten auf.
Was sind Large Language Models?
Large Language Models (LLMs) sind hochentwickelte KI-Systeme, die dazu in der Lage sind, menschliche Sprache in all ihren vielfältigen Facetten präzise zu verstehen, zu generieren und effizient zu verarbeiten. Diese beeindruckenden Modelle basieren auf fortschrittlichen neuronalen Netzwerken. Sie nutzen dabei die leistungsstarken Techniken des Deep Learning, um so kontinuierlich aus riesigen und vielfältigen Textdatensätzen zu lernen.
Im Gegensatz zu älteren, rein regelbasierten Systemen, die sich auf starre und oft eingeschränkte linguistische Strukturen stützten, erwerben LLMs ihr Wissen direkt und flexibel aus den zugrunde liegenden Daten. Dadurch können sie kontextabhängige Bedeutungen genau erfassen, idiomatische und umgangssprachliche Ausdrücke mühelos verstehen und sogar kreative Texte generieren, die in vielen Fällen kaum noch von menschlichen Texten zu unterscheiden sind.
Die vielseitigen Möglichkeiten von Large Language Models:
Ein entscheidender Vorteil von LLMs liegt in ihrer Fähigkeit, natürliche Sprache dynamisch und flexibel zu verarbeiten. Das übertrifft klassische Ansätze wie regelbasierte Systeme und herkömmliche Machine-Learning-Algorithmen deutlich. Regelbasierte Systeme sind zwar deterministisch und transparent, stoßen jedoch bei der Verarbeitung natürlicher Sprache und bei komplexen Zusammenhängen schnell an ihre Grenzen.
Die revolutionäre Fähigkeit der Large Language Models, Sprache auf einem nahezu menschlichen Niveau zu verstehen und anzuwenden, verändert grundlegend, wie wir Informationen nutzen und mit Technologie interagieren.
Wie funktionieren LLMs?
Die Funktionsweise von Large Language Models (LLMs) ist gleichermaßen beeindruckend wie komplex. Im Kern steht das Prinzip des „unsupervised learning“, bei dem das Modell eigenständig Muster und Strukturen aus riesigen Textdaten erkennt – ohne direkte menschliche Anleitung.
Dieser Lernprozess erfolgt in zwei zentralen Phasen.
Trainingsphase
Der erste Schritt besteht darin, enorme Mengen an Textdaten aus einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen sorgfältig zu sammeln. Zu diesen Quellen können unter anderem Bücher, wissenschaftliche Artikel, Websites oder Social-Media-Beiträge gehören. Die Qualität sowie die Vielfalt dieser Daten spielen dabei eine entscheidende Rolle, da sie maßgeblich die Leistungsfähigkeit und Vielseitigkeit des resultierenden Modells beeinflussen.
Die gesammelten Daten werden zunächst sorgfältig bereinigt und anschließend in ein Format gebracht, das für das Modell verständlich ist. Dieser Prozess umfasst häufig die sogenannte Tokenisierung, bei der der Text in kleinere Einheiten, sogenannte Tokens, zerlegt wird. Die Tokenisierung kann auf Wort-, Teilwort- oder sogar Zeichenebene erfolgen. Jede dieser Methoden bringt spezifische Vor- und Nachteile mit sich und ist je nach Anwendungsfall unterschiedlich geeignet.
Die meisten modernen Large Language Models (LLMs) basieren auf der sogenannten „Transformer“-Architektur, die im Jahr 2017 von Google-Forschern entwickelt und vorgestellt wurde. Diese wegweisende Architektur ermöglicht es dem Modell, den Kontext von Wörtern und Sätzen über lange Distanzen hinweg präzise zu erfassen und dadurch ein tieferes Verständnis komplexer sprachlicher Zusammenhänge zu entwickeln. Kernelemente der Transformer-Architektur sind:
- Self-Attention-Mechanismen: Ermöglichen es dem Modell, die Beziehungen zwischen verschiedenen Wörtern in einem Satz zu verstehen.
- Multi-Head Attention: Erlaubt dem Modell, verschiedene Aspekte des Kontexts gleichzeitig zu berücksichtigen.
- Feed-Forward-Netzwerke: Verarbeiten die Informationen aus den Attention-Layern weiter.
Während des Trainings wird dem Modell eine große Menge an Textdaten präsentiert, die es analysiert und verarbeitet. Dabei lernt es, Muster und Zusammenhänge in der Sprache zu erkennen, indem es kontinuierlich versucht, das nächste Wort oder Token in einer gegebenen Sequenz vorherzusagen. Dieser Prozess, der häufig als „masked language modeling“ bezeichnet wird, ermöglicht es dem Modell, ein tiefes Verständnis für Sprachstrukturen, grammatikalische Regeln und kontextuelle Bedeutungen zu entwickeln.
Nach dem initialen Training wird das Modell häufig auf spezifische Aufgaben oder Domänen spezialisiert, um seine Einsatzmöglichkeiten gezielt zu erweitern. Dieser Prozess erfolgt durch weiteres Training mit sorgfältig ausgewählten, spezifischen Datensätzen. Diese sogenannte Feinabstimmung ermöglicht es, die Leistung des Modells für bestimmte Anwendungen erheblich zu steigern, während seine allgemeinen Sprachfähigkeiten und seine Vielseitigkeit vollständig erhalten bleiben.
In dieser Phase lernt das Modell, Anweisungen präzise zu verstehen und effektiv zu befolgen. Dies ist von entscheidender Bedeutung für die Fähigkeit des Modells, angemessen und kontextbezogen auf Benutzeranfragen zu reagieren. Das sogenannte Instruction Tuning ermöglicht es Large Language Models (LLMs), flexibel auf eine Vielzahl unterschiedlicher Aufgabenstellungen einzugehen, ohne dass für jede einzelne Aufgabe ein separates Training erforderlich ist.
Inferenzphase
Wenn ein trainiertes LLM eine Anfrage erhält, durchläuft es folgende Schritte:
Die Leistungsfähigkeit von LLMs liegt in ihrer Fähigkeit, diese Schritte mit erstaunlicher Geschwindigkeit und Präzision durchzuführen, oft in Bruchteilen von Sekunden. Dies ermöglicht Echtzeitanwendungen wie Chatbots, Übersetzungsdienste und interaktive Assistenzsysteme.
Die Eingabe wird zunächst tokenisiert und anschließend in ein Format umgewandelt, das für das Modell verständlich ist. Dabei wird häufig dasselbe Tokenisierungsschema angewendet, das bereits während des Trainings verwendet wurde, um eine konsistente und korrekte Verarbeitung sicherzustellen.
Das Modell analysiert den Kontext der Eingabe, indem es auf die während des Trainings gelernten Muster und Strukturen zurückgreift. Dabei kommen die Self-Attention-Mechanismen gezielt zum Einsatz, um die Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Teilen der Eingabe präzise zu erkennen und zu verstehen.
Basierend auf dem Kontext der Eingabe und den während des Trainings gelernten Mustern generiert das Modell Schritt für Schritt eine passende Antwort. Dieser Prozess erfolgt oft Wort für Wort oder Token für Token. Bei jedem einzelnen Schritt berechnet das Modell sorgfältig die Wahrscheinlichkeiten für das nächste mögliche Token und wählt darauf basierend das am wahrscheinlichsten passende Token aus.
Die generierte Antwort wird anschließend in klar lesbaren Text umgewandelt und dem Benutzer präsentiert. Dieser Vorgang kann zusätzliche Schritte wie Detokenisierung oder spezielle Formatierung umfassen, um sicherzustellen, dass die Ausgabe sowohl korrekt als auch leicht verständlich und benutzerfreundlich ist.